
Eine Frage der Haltung
Haben Sie am 13. Oder 14. Februar Zeitung gelesen? Oder die Nachrichten geschaut? Und… Haben Sie etwas bemerkt?
Warum ich Sie das frage…? Warten Sie noch kurz, ich komme gleich darauf zurück.
Die Aufmacher der Heute-Sendung vom 13. Februar im ZDF, 19:00 Uhr: „Muss Höcke gehen?“ „Bricht der Staudamm?“ „Wirkt die Strafe (beim BVB)?“ Bei der Tagesschau ein ähnliches Setup – Fragen, die die Menschen bewegen.
Aber Moment… war da nicht was? Ist in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 nicht etwas geschehen, was sich unter Einnahme eines neutralen Standpunktes als Kriegsverbrechen einordnen ließe?
Ja, da war was. Nicht einmal drei Monate vor Kriegsende – Nazideutschland war bereits geschlagen bzw. der Sieg der Alliierten deutlich absehbar – wurde Dresden bombardiert. In zwei Wellen; in einem Flächenbombardement mit Brandbomben.
„Die zweite Angriffswelle zerstörte die Technik der ausgerückten Feuerschutzpolizei und verhinderte weitere Löschaktionen, sodass sich die zahlreichen Einzelfeuer rasch zu einem orkanartigen Feuersturm vereinten. Dieser zerstörte ganze Straßenzüge. In der extremen Hitze schmolzen Glas und Metall. Der starke Luftsog wirbelte größere Gegenstände und Menschen umher oder zog sie ins Feuer hinein. Sie verbrannten, starben durch Hitzeschock und Luftdruck oder erstickten in den Luftschutzkellern an Brandgasen. Wer sich ins Freie retten konnte, war auch dort dem Feuersturm und detonierenden Bomben ausgesetzt.“ [Quelle: Wikipedia]
Zigtausend Zivilisten – Alte, Frauen und Kinder sowie in der Stadt befindliche Flüchtlinge – verbrannten in der Nacht des durch das Alliierten Bombardement ausgelösten Feuersturms. Die damals ebenfalls zerstörte und in den Jahren 1992 bis 2005 wiederaufgebaute Dresdner Frauenkirche steht heute als Mahnmal sinnbildlich für „Nie wieder Krieg!“
Dieses historische Geschehnis vor 72 Jahren ist den deutschen Medien heutzutage scheinbar nur noch eine Randnotiz wert, die dazu auch noch eine neue Einordnung findet. So kommentiert Michael Bewerunge (ZDF) vor Ort: „Ja, das war insgesamt ein sehr vielfältiges Gedenken heute. Jeder konnte das auf seine ganz eigene Weise tun. […] Das war ein sichtbares Zeichen der Versöhnung.“ Darüber hinaus berichtet Stefan Kelch (ZDF), dass „tausende Dresdner eine Menschenkette um ihre Altstadt schließen, um symbolisch das Gedenken der Bombennacht vor Missbrauch zu schützen, denn seit Jahren versuchen Rechts- und Linksradikale diesen Tag zu instrumentalisieren.“
Zur Tagesschau: Torsten Schröder, Sprecher der Sendung, las vom Teleprompter… „Dresden war damals wichtiger Verkehrsknotenpunkt, Standort von Rüstungswerken und galt als Nazi-Hochburg.“
Moment mal… Wird denn nun der über 25.000 Toten und des militärisch vollkommen sinnlosen Bombardements der Stadt gedacht oder eine „Menschenkette gegen Radikale“ gebildet? Und warum schreibt die Tagesschau-Redaktion einen Text, in dem Dresden als „Nazi-Hochburg“ betitelt wird? Soll hier ggf. und quasi rechtfertigend darauf hingewiesen werden, dass diese unmenschliche Tat gegen die Zivilbevölkerung dem höheren Ziel, der Vernichtung von Nazi-Deutschland, als hinzunehmender Kollateralschaden weniger verbrecherisch gewesen ist? Heiligte der Zweck – aus heutiger Sicht mit rückwirkender Absolution durch die Medien – alle Mittel?
Das alles passt ins heutige Bild. Auch die Aussage des Dresdner Oberbürgermeisters Dirk Hilbert (FDP), der sagte: „Dresden war nicht unschuldig.“
Gibt es also eine Rechtfertigung für die Bombennacht vom 13. Auf den 14. Februar?
Nein. Es kann keine Rechtfertigung für derartige Gräueltaten geben.
Das „die Befreier“ Deutschlands übrigens mittlerweile ein differenziertes Bild zur Notwendigkeit des von „Bomber – The Butcher – Harris“ befehligten Bombardements haben, kann man unter anderem beim Telegraph nachlesen. Dort heißt es:
[Übersetzung:] „Dresden war eine Zivilstadt ohne militärische Bedeutung. Warum haben wir seine Leute verbrannt?“
„Dresden was a civilian town with no military significance. Why did we burn its people?
If there was no good strategic reason for it, then not even the passage of time can make it right.“
Über alle Parteien ist das Wort „Haltung” mittlerweile zum Modewort geworden. War eigentlich einer unserer wortgewandten „Spitzenpolitiker“ am 13. Oder 14. Februar in Dresden, um ihre/seine Haltung zu diesem Kriegsverbrechen gegen die deutsche Zivilbevölkerung zu zeigen oder hat sich eine/einer von diesen dazu medial geäußert?
Der Bundespräsident oder der pastorale Alt-Bundespräsident? Die Kanzlerin? Der Möchtegern-Kanzler in Spe? Herr Oppermann, Herr Kauder, Frau Roth, Frau Kipping, Frau Göhring-Eckhard? Fehlanzeige!
Vielleicht wäre es auch ganz schön gewesen, wenn die mit dem Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnete „Journalistin mit Haltung“ Dunja Hayali sich dieses Themas einmal angenommen hätte. Siehe dazu auch [ http://www.heute.de/robert-geisendoerfer-preis-fuer-dunja-hayali-ehrung-fuer-eine-journalistin-mit-haltung-45601204.html ]
Welche Art von „Haltung“ dokumentieren (und propagieren) Politik und Medien an dieser Stelle im Umgang mit der Geschichte? Diese letzte Frage lasse ich offen – jeder Leser mag sie sich selbst beantworten.
hp | 15.02.17
Bild: Anne Helm (Partei Die Linke) | Quelle: berliner-kurier.de